Wieland wurde am 23. August 1948 in Radolfzell am Bodensee geboren.
Hanspeter Wieland
Leben und Werk
Er ist ein Schriftsteller, der Bücher und Gedichte in Seealemannisch über die Region, die Menschen und die Systematik ihrer Sprache schreibt. Er ist Mitherausgeber von Gedichtsammlungen, Anthologien und des „Mauerläufer“, Jahresheft für Literatur und Kunst. Pressekritiken:Hanspeter Wieland, „verkörpert wie kein Zweiter die Eigenarten des Alemannischen“ (Mundartfestival Ettlingen, Februar 2013);
„…in einer artistischen Sprachform, wie rund um den Bodensee wenige sie vermögen und nur einer sie riskiert.“ (Ostschweizer Kulturmagazin Saiten 10/2015)
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Alemannische Gedichtbände
- Sonigs und Sottigs. H. Wieland, 1987.
- Bappele hinterefier. Alemannische Gedichte. Drey-Verlag, Gutach 1995, ISBN 3-9804636-1-3.
- Schineggler. Alemannische Gedichte aus der Fabrik mit einem Nachsatz in Schafseckel-Deitsch. Drey-Verlag, Gutach 1999, ISBN 3-933765-01-3.
- Omma häckerlet de Gaate. Alemannische Gedichte. Drey-Verlag, Gutach 2001, ISBN 3-933765-08-0.
- Ufem Bergle iberem See. Mundarttexte gesprochen vom Autor. Drey-Verlag, 2004, ISBN 3-933765-16-1. (Audio-CD)
Im Symposium verfassten Texte:
- Meine Saarlandreise
Beiträge zum Symposium
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Meine Saarlandreise
für Doris, Isabelle, Susanne, Annemarie, Martina
und Martin, Günter, Willi, Harry
Der Bostalsee und der Bodensee, wo ich herkomme, haben exakt dieselbe Seehöhe; das ist über Meer 400 Meter.
Ich bin einen weiten Weg dorthin gefahren, acht Stunden in Zeit umgerechnet, wenn man die preiswerte „Schöne-Wochenend-Fahrkarte“ nimmt. Der Weg ging über Stuttgart, Heidelberg, Kaiserslautern und schließlich Türkismühle. Martina stand am Bahnhof, die ich zuerst für Susanne hielt; der einzige Name, den ich kannte vom Telefon her: Susanne.
Nun Martina. Ich hab gern mal etwas Angst vor So-sich-plötzlich-Bekanntmachen und vor dem Danach-Bekanntsein grad noch einmal. Beim Sich-bekannt-Machen darf man sich aber noch die Hände geben, nachher gilt zweimal umarmen, das ist ernster.
Beim Reisen mit Regionalzügen ist am schönsten der Wechsel in der Aussprache der Leute, ihr Zungenschlag, auch die Wörter selber hin und wieder, Wörter und Wendungen, wenn sie ungewohnt sind.
Zuerst und lange noch war das das Schwäbisch. In Stuttgart spätestens verliert sich immer die Seefärbung; das Nordbadische folgt als ein Fränkisch, dann bald das Krasse der Amerikaner, in Kaiserslautern schließlich fast beängstigend, oder wie sag ich’s nicht so krass?
Von Neustadt an der Weinstraße hinauf ins Bergland ist der Übergang lind. Die Bahn gewinnt mählich die Höhe. Erstmals romantisch zumut, mochte ich den Namen des hübschen Flüßleins erfragen, vielleicht bei dem Mann auf dem Platz gegenüber, der aber zu schweigsam dafür war. Später, im Schulatlas, den ich von den Söhnen her behalten habe, gab es an der vermuteten Stelle „Hochspeyer“ als schönen Begriff. – Hochspeyerbach? Hochspeyertal? Ob es so heißt? Passen würde es gut.
Der Schulatlas ist für das Gebiet nicht so speziell. Der Zug nach Türkismühle war eiskalt. Draußen war es warm, sodaß man es fast nicht glauben konnte, daß es draußen warm war. Im Zug wurde es sogar den Amerikanern zu kalt; ich weiß nicht, wo sie herkamen. „Rhein-Main“ schätz ich; der Zug aus Mainz oder Bingen? Frankfurt?
Ein kalter Zug macht die ganze Umgegend kalt, ein angenehmer sie angenehm.Vielleicht wollten die Verantwortlichen das doch beherzigen, Bitte an die, welche die Maßgeblichen sind für solche Sachen und Entscheidungen. Ich selber dabei so unmaßgeblich, wie es eines nur sein kann: unmaßgeblich. Wenn es lange genug einem zu verstehen gegeben wird, glaubt man es, beginnt man’s als Reisender zu glauben, daß man unmaßgeblich sei.
Das Klimatisierte ist ein Irrglaube.
Eine richtige Begegnung mit dem Bostalsee gab es erst am Tag vor der Abreise. Eine richtige Begegnung ist mit der Hand in sein Wasser. Sonst ist es nur halb.
Zusätzlich lief ich allein um den See herum, eigentlich war es ein Schlendern. Ich wollte wissen, wie lang das geht, eine Seeumrundung; Die Uhr hatte aber immer dieselbe Zeit gezeigt; das war, weil sie stehengeblieben war.
Übers Wasser kam schöne Musik zu mir her; die Nacht zuvor war die Walpurgisnacht gewesen. Das hatte eine Menge junge Leute an den See gelockt, viele davon waren ganz schwarz angezogen und ihre kleinen Wohnzelte hatten sie um ein großes Musikzelt herum aufgeschlagen. Bei den Burschen gab es darüberhinaus eine Vorliebe für Schottenröcke, so konnte man viele stramme Waden bewundern und die jungen Frauen dazu waren ohnehin eine Augenwaide. Augenweide.
Daß Bostalsee und Bodensee dieselbe Höhe über Meer haben, weiß ich aus einem Prospekt, den es gleich nach unserer Ankunft gegeben hat: „Wir von der Seeverwaltung begrüßen Sie herzlich am Bostalsee, dem größten Freizeitsee im Südwesten Deutschlands. Idyllisch eingebettet in die Mittelgebirgslandschaft des Naturparks Saar-Hunsrück liegt der 120 Hektar große See auf 400 m.ü.NN.“
„Das ist genau so hoch wie der Bodensee“, jubelte ich, sagte ich erfreut. „Auf den Meter genau!“ Später fiel mir ein, daß es noch eine weitere Übereinstimmung mit dem Bodensee gab, beide fangen mit „Bo“ an – und haben natürlich denselben Schluß, was aber klar war: See!
Als Mundartler gehör ich zu den bodenständigen Leuten. Nach dem Bodensee hatte ich daher Heimweh, als ich noch nicht mal von dort weg war. Ich zählte die Tage bis zum Abschiedsereignis: drei Tage, zwei, einer. Ich hab einen traurigen Abreiseaufschrieb gemacht. Darin heißt es zu Abschiedsereignissen, die die Zeit am Laufen hielten: „wenn keine kommen, können auch keine gehen.“
Ich war eingeladen worden.
Mit mir eingeladen: Doris, Martin, Günter, Isabelle, Annemarie aus Tirol. Es gab auf der Hinfahrt ein Unglück, Annemarie mußte gleich schon nach Hause zurück.
In die Bosener Mühle werden immer sechs aus verschiedenen deutschsprachigen Dialektgegenden eingeladen. Eine Ehre für jeden Poeten auf diesem Gebiet.
Doris vertrat das Saarland, Martin den Hunsrück, Günter die Eifel, Isabelle das Elsaß.
Das Mundartler-Treffen am Bostalsee fand zum 17ten Mal statt. Seit 1993! „In der Abgeschiedenheit der Bosener Mühle soll Ihnen Gelegenheit gegeben werden, Eindrücke dieser Region und der hier lebenden Menschen zu sammeln und das Erlebte in Ihrem künstlerischen Schaffen zu verarbeiten“. Ich hatte viele Gastgeschenke in meinem Koffer mitgeschleppt. Bücher, CD’s.
Die Bücher waren wie immer schwer und für einmal ich froh, daß es groß keine Gepäckablagen mehr gibt in den Zügen; hätt ich müssen stemmen – und nicht vermocht.
Kaum vermocht. Unterwegs sagten Leute einmal: „Schaut, den schönen alten Koffer!“, weil die Leute heute ja nur noch Rollwägelchen-Koffer haben, die unangenehm „rrr“ „rrr“ in dem Takt machen, in dem die Leute sie ziehen. Der meinige hingegen noch aus der Zeit vor dem vorletzten Krieg, wenn man die heutigen dazuzählt, Auslandseinsätze.
Ein solcher alter Koffer ist schon schwer, ohne was drin.
Es gab eine Zeit, als mir die Bahn leid tat. Heut denk ich in den meist überfüllten eisgekühlten Zügen: „ihr habt das gar nicht verdient, daß so viel Leute mit euch fahren, - die ihr schlecht behandelt und plagt, z.B. mit Fahrkartenautomaten und schlechten Wörtern, z.B. Catering, was eines der schlechtesten ist überhaupt; es ist furchtbar!“ Schreckliche Toiletten, überlastete.
An den Rollköffern finde ich auch eklig: die Räder rattern durch allen Dreck hindurch auf der Reise und Unrat – und nachher diese Rädchen durchs Zimmer.
In Kehl, später auf der Rückreise, war der Meinige immer noch schwer, oder schon wieder, weil die eigenen Gastgeschenke zwar verteilt, dafür aber die der anderen darin und die großherzigen Gaben aus dem Sankt Wendeler Land, wie alles großherzig im Ausmaß, was dort hat man mir angedeihen lassen, meiner latent selbstempfundenen Wenigkeit mit Ausnahmen. Sag ich Dank.
In Kehl auf der Suche nach einem Postkasten, waren alle abgebaut. Zumindest am Bahnhof sagten die Leute: „die sind alle abgebaut und den nächsten gibt es erst am Rathaus in der Stadt.“ Dafür gibt es in Kehl am Bahnhof einen automatischen Paketaufgabekasten. Ich aber mit meinen Ansichtskarten! Da hab ich meinen schweren Koffer einfach am Bahnsteig stehen lassen, um mich mit meinen Ansichtskarten auf den Weg in die Stadtmitte zu machen.
Über diesen Koffer dachte ich: den stiehlt niemand, wer hätte ihn wegtragen wollen? Allenfalls daß Terroralarm ausgelöst hätte werden können in diesem Kehl, das traurige Berühmtheit durch diesen ebenfalls traurigen OBAMA samt seiner Adepten erlangt hatte wenige Wochen zuvor: die komische Frau Kanzlerin, die an seiner Seite ging zu dem noch komischeren Präsidenten-Nachbarn hin, das Ganze auf einer abgesperrten Brücke über den Schicksalsstrom.
Vom Bostalsee aus sind wir mit dem Kleinbus durch das Sankt Wendeler Land kreuz und quer hindurchgefahren. Das Credo, verkündet gleich am ersten Tag beim Empfang durch den Landrat, hieß: „Wir wollen Ihnen so viel wie möglich zeigen. Schon heute daher der gute Rat: Nützen Sie jeden Tag.“ Manchmal dachte ich erschrocken: es ist die komplette Gegenveranstaltung zu deiner Ereignislosigkeit, meinem Ereignisvermeidungsprogramm. Aber es funktionierte trotzdem.
Jetzet in meiner Hütte am heimischen Bo-See denke ich nach Wochen noch viel an den anderen Bo-See, unglaublicherweise.
An Günter, Doris, Martin, Isabelle denke ich oft.
An Susann, Martina, Harry, Willi. Ich hatte meinen Abschied mit auf die Reise hinauf genommen und sodann wieder einen mit hinunter. „Hinauf“ heißt den Rhein hinunter, und „hinunter“ heißt den Rhein hinauf. Das ist paradox, aber der Satz heißt, daß auf dem Boden der Aufmerksamkeit Zuneigung wächst. Das ist Saarländer Boden. Viel Stein, wenig Äcker, und jetzt denk ich ständig an alles zurück wie ein Verliebter. Ist es übertrieben? Zumindest ist es nicht falsch, weil ein Verliebter in seinen Gedanken ständig dort, wo er nun nicht mehr ist. Das ist sein Zustand. Solang er in der Nähe war, merkte er’s nicht. Das ist ein Symptom.
Als oftmal mein eigenes Nervenbündel, schlief ich in der Nacht meist schlecht mit Ausnahmen.
An einem der Morgen kam über die Nachrichten die Sache von den deutschen Soldaten in Afghanistan, die angeschossen wurden und einer er-. Was inwendig in mir eine Art traurige Grimmigkeit, wie sag ich’s, grimmige Traurigkeit verursachte. Ich las daraufhin traurig das Gedicht vom Soldat Fallera für den Sender. Das ist das, in dem das bekannte „ I bin Soldat Fallera“ drin vorkommt.
Des weiteren täglich die Meldungen zur Schweinegrippe. Täglich sind wir mit dem Kleinbus durch das ganze Sankt Wendeler Land kreuz und quer durchgerumpelt und darüberhinaus. Nachts, als ebendas Nervenbündel, konnte dann zum Beispiel das ganze Land vor einen hingelegt sein wie ein Pult, das Saarland. Die tiefste Stelle war die Saar und die höchste, wo ich war.
Tags gab mir Willi, militärisch knapp, meistens recht; nachts irgendwie auch. Wenn man das Pult quasi aufklappte, lag die Kohle darin. Sankt Wendel liegt an der Blies. „Richtich“, sagte Willi.
Bosen ist die Wasserscheide! Das hab ich aber nicht mehr gefragt. Alles mit Bosen, Bostaler See, der Bosbach, geht der Nahe zu. Sonst alles zur Saar wegen der Pultlage.
Später im Schulatlas noch gefunden: Pims, Els undsofort, Prims.
Die berühmte Saarschleife sahen wir nicht, oder nur auf einem Bild. Es gab eine Ausstellung mit Luftbildern von der ganzen Welt, wo auch das Saarland drauf war, Satellitenaufnahmen. Aber aus der Entfernung vom All aus machte die Saar so viele Schleifen, also welche? Selbst unsere Führer wußten es nicht. Die Austellung hieß „Auge des Himmels“ und war mir suspekt, weil ich schon wieder an die Amerikaner denken mußte, die das quasi ‚erfunden’ hatten, Himmelsaugen, mit denen sie einen beobachten können – und abschießen. „Aber dich doch nicht“, sagte, glaub ich, der stattliche Günter, der immer zur Versöhnung neigte. „Ja-nein“, sagte ich beschämt.
Günter muß auch etwas versöhnlich sein. Könnte er sonst seine schönen Lieder singen? Das Schöne selbst versöhnt ja schon. Das ist seine Wirkung. Das mehr als das von Zuhaus gewohnte Über-etwas-Nachdenken machte mir etwas schlecht auf dem Magen. In der Nacht ohnehin schnell schlecht. Man ist unstabil.
Die schöne Kathedrale von Tholey versöhnt – darf ich sagen? – mit Gott, was nicht selbstverständlich; bitt um Vergeben. Drei Wochen später z.B. die berühmte Kathedrale von Sankt Gallen in der Schweiz ein herber Rückschlag dagegen.
Im Bergwerk gibt es einen Obergang und einen Untergang. Im Gegensatz zur Ruhr, wo alles auf einer Ebene, ist es an der Saar Oben-Unten zu liegen gekommen. Die Saarkohle. Was Oben abgebaut wird, fällt dann in den Untergang, wo es abtransportiert werden kann. Durch die natürliche Schwerkraft würde es kullern, wenn es nicht mit Bändern würde hinuntertransportiert.
Das Schöne ergreift einen.
Jene Martina konnte ihre Kirchen so einem zeigen, daß man ergriffen wurde und fromm, so schön.
In meiner latenten Traurigkeit konnte ich ebenfalls Dinge sagen, daß alle ergriffen wurden, die lauschten. Die Kollegen lauschten vor dem großen Fenster in dem Sendegebäude wie vor einem Operationssaal, in den man hineinschauen konnte, und ich bin drin an einem Tisch voller Apparaturen, der komplett mit allem darauf rauf und runter fahren kann. Ich fühl mich zum Stehen so schwach – der Tisch kommt runter; ich fühl mich so traurig und schwach und sag schöne Sachen.
Ein ander Mal auf die Frage, ob ich schon mal im Saarland gewesen wär, sage ich: „Nein“, und auf die weitere, was ich mir vorgestellt hätte, fällt mir ein, hierin sei ich wie ein unbeschriebenes Blatt. Jeder könne etwas hinaufschreiben. Hineinschreiben in mein leeres Album quasi. Doris. Doris hat von Anfang an meine Einbildung über den Haufen geworfen, daß das Saarländerische nicht schön sei, weil grob. Und frech und laut!
Bei den Frauen fällt mir immer Aufblühen und Abblühen ein, bei den Männern die Konturen. Man kommt so wenig voran auf der Welt. Susanne hat mich zu guter Letzt darauf hingewiesen, daß sie die allerartigsten kleinen blauen Kinderturnschuhe anhat. Martin war ziemlich von Anfang an krank, aber zu lustig zum ins Bett gehen. Er sang lustige Lieder und erzählte immer lustig. Noch als er fast umfiel, war er lustig und ich glaube, er wäre auch lustig ganz umgefallen. Seine Töchter, glaub ich, sagten wiederum etwas Lustiges über ihn: „Papa, dann siehst du aus wie ein junger Elefant.“ Ich weiß den Gesprächsanlaß nicht mehr, fand es aber sehr komisch und sehr, sehr lustig. Ich mußte lachen.
Günters Schönem war so das Lustige hinzugesellt und ergab eine gute Mischung. Dazwischen Isabelle, aufblühend mit jedem Tag mehr. Zwischen den Dornen Hunsrück und Eifel das liebliche Elsaß.
Zwischen Tholey und Theley liegt der Schaumberg. Zwischen Schwarzerden und Ottweiler fährt die Ostertalbahn. Eine ziemlich gewöhnliche ‚Bundesbahnkleinlok’ zieht Wägen; meist drei. Das Saarland ist so saarländerisch, daß einer davon, den die kleine Lok zieht, ein „original im Saarland gebauter“ ist.
Wagonfabrik Saarlouis, wenn ich nicht irre. Auch bekam ich von der Seeverwaltung Bosener Stausee einen hübschen Kugelschreiber und einen Sack zum etwas hineintun, der mir gleich so praktisch war, daß ich ihn seither nun überall mit hin trage. Bostalsee, deinen da aufgedruckten Namen trag ich in die quasi Welt.
Meine kleine Welt. Die Nächte, die gern Befürchtungen einem ins Ohr flüstern, tun das auch zu Hause, allenfalls etwas vertrauter in der vertrauten Bettstatt. Hat sich etwas verändert – an mir? Günter erwähnte ja solche Dinge zum Abschied, wie Begegnungen mit neuen Menschen und Landschaften den Einzelnen verändern könnten, und er hatte auch einen genannt, der sich verändert hätte: Ich. Mich. Ich war erschrocken. Es war, wie ich hätte als Einziger von allen etwas abbekommen, mir etwas geholt, oder daß das Dichtertreffen etwas Absichtsvolles gewesen wär wie eine geheime Erziehungs-Übung, und am Ende müßte man nun ein bißchen um seinen bisherigen Verstand fürchten und um sein Gemüt?
Ereignisse kommen, und was nicht kommt, geht trotzdem; das ist paradox. Im fernen Saarbrücken sitzt Heiner traurig an seinem Schneckenteich. Wie könnte man das Teichlein noch schöner machen? – Mit Fischen, hatte ich dort zaghaft eingeworfen, zu bedenken gegeben, ihm, der abwehrend die Hände hob, weil da würden die unruhigen Fische doch nur seine Schnecken fressen, am Ende, aufmischen alles. Auch Landschaften der Seele sind manchmal gleich.
Mein Bodensee! In armen Ländern sind die Straßen holprig, hier sind es die Busse. Im reichen Land werden die Straßen sogar immer besser, aber was nützt das, wenn die Busse dazu immer mehr zum Wegwerfen werden: alle Jahr ein neuer, noch schlechterer Holterdipolter. Es ist sogar so, daß die Verwechslung aus meiner Kinderzeit ist wahr geworden: Busse und Buße. „Tut Buße“, wenn ich in einen einsteig.
Die Heimat, hab ich auf der Rückreise gemerkt, geht fast schon in Kehl los. Ab dort hatte die Sprache zuerst wieder ein bißchen heimatlich geklungen. Aber dann – und längst überm Schwarzwald – waren plötzlich in jedem zufällig Gehörten wieder die Saarländer Brocken. Eine Weile lang wird das bei mir noch ein Durcheinanderhören sein und ein doppeltes Schauen auch. Zum Beispiel die heimischen Hügel und die des Wendeler Lands und in jedem SIR mit schlankem Jakett von hinten: Harry; eine Weile lang.
Wenn Heimweh und Fernweh ebenso nur ein Doppeltes wären? Und eben dadurch erst ganz?
So spricht man immer die Sprache der Leute, und ist dann ein quasi Leut, aber wenn das am Ende nicht zueinandergeht, ist es wie immer, wenn etwas nicht zueinandergeht, es geht auseinander; bitt um Vergebung.
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Denk i wenn sell Auto
Denki wenn sell Auto kunnt dohinne oder glei es hockt onn dinne denki derfsch uf Zehn zelle no bisi mir sell Auto wo kunnt dohinne unt daß onn hucket dinne denke soll mittämä Pischtol wo ufs Gratwohl der di do umniätet! wenn it uf Zehn zellt ischt! bisis Auto a omm v beikummenischt -
Bloß weg omm
Bloß weg omm seitse Zwäetschg keitse abbem Bomm – odder isch si keit mommer sagge well es se hott scho abegschlagge weggem sell - Zwäetschg seitse hanni welle doch bloß sellä wo so duße gsiehtmä hange abber grad so damme itt ka dra na lange nanen Ascht odder bloß fascht – Heinemol wenn de zmol wegge ebbes wo wannen so en Schiiß vume Zwäetschg isch is Gras nabgsecklet bisch das musch schpüre seitse monn daß sell onn seli schpiert wenn ihm da da bassiert -
Stand i uf de Bruck
Stand i uf de Bruck gucki de Fahrerinne uf d Bei uf wevill Hose ai schaafs Bei oder ebbe zwei … unt so Stand i uf de Bruck zelli vo wo dunn so dunne dinne hocke wevill s schaafe Socke sin standi uf de Bruck Standi uf de Bruck abzellt jeddem zehnte zuck i mimim Maschinnegwehrle-Fingerle hingerlehär ädäm so dä dä dä dä dämm unt so: du du du du dumm Standi uf de Bruck -
Wenn onn
Wenn onn d Sunnebrille nadutt ou wenn konn Sunnestrahl umme n ischt seeter weggs de Sunne seig es kaasch des gloube? - nai Wenn onn Sunnebrille nadutt wenn en Sunne abr numme n ischt seet seller heier os blous Oug weller Stäege abekeit seier Kaasch des gloube? - nai Abr wenn onn d Sunnebrille nadutt vo friäh bisi Naacht schpot kunnts vu nämlig beed Veilchen wonner druf krikt hot well bloß bleed Sooch useloot aall gell Siäch du daube - sell kaasch gloube